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Erwerber von Immobilienfondsbeteiligung kann bei unwirksamem Darlehensvertrag Zins- und Tilgungszahlungen von der finanzierenden Bank zurückverlangen, ohne Darlehensvaluta zurückzahlen zu müssen - zur Rückabwicklung eines Realkreditvertrages ohne Rücksicht auf die Verbundregeln des Verbraucherkreditgesetzes

Datum: 30.12.2005

Kurzbeschreibung: 

 

Der Kläger entschloss sich 1993 zum Zwecke der Steuerersparnis in einen geschlossenen Immobilienfonds eines Wohn- und Gewerbeobjektes in Berlin zu investieren. Als Einlage erbrachte er 31.500 DM aus eigenen Mitteln, ferner ca. 45.000 DM über ein Darlehen von der beklagten Bank und ca. 52.000 DM durch Übernahme einer Darlehensschuld der Fonds-GbR. Der von dem Kläger eingeschaltete Treuhänder schloss namens des Klägers einen Darlehensvertrag mit der Beklagten über ca. 50.000 DM und einer Zinsbindung bis zum 31.12.1998 ab. Die Auszahlung der Valuta erfolgte auf das Treuhandkonto der GbR. Zur Sicherheit dient der Beklagten eine auf dem Gesellschaftsgrundstück eingetragene Globalgrundschuld. Nach Ablauf der Zinsbindungsfrist kam es 1999 zwischen den Parteien zu einer Vereinbarung der weiteren Darlehenskonditionen. Der Kläger hat im Jahre 2003 seine Zahlungen auf das Darlehen eingestellt und dabei unter Berufung auf die höchstrichterliche Rechtsprechung die Unwirksamkeit des Darlehensvertrags geltend gemacht, weil die Vollmacht des Treuhänders wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig sei. Er verlangt nun von der Beklagten Rückzahlung der erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von ca. 16.000 Euro Zug um Zug gegen Abtretung der Fondsbeteilung. Die Beklagte hält dagegen den Vertrag für wirksam, im Übrigen hafte der Kläger im Falle der Unwirksamkeit des Darlehensvertrages wegen ungerechtfertigter Bereicherung auf Rückzahlung der Darlehenssumme.

Das Landgericht Baden-Baden hat der Zahlungsklage weitgehend stattgegeben.

Die Berufung der Beklagten zum Bankensenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe blieb überwiegend ohne Erfolg. Der Streitfall bot dem Senat Anlass, zu mehreren ungeklärten Grundsatzfragen Stellung zu nehmen.
Im Einklang mit der neueren Rechtsprechung des BGH geht der Senat davon aus, dass Treuhandauftrag und Abschlussvollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig sind. In der Nachtragsvereinbarung der Parteien von 1999 kann eine nachträgliche Genehmigung des unwirksamen Vertrages nicht erblickt werden. Es ist auch nicht ein neuer Darlehensvertrag anstelle des alten Vertrages geschlossen worden. Die Anpassung der Konditionen über die Kapitalnutzung für die Zukunft lässt den ursprünglichen Kreditvertrag unberührt.
Der Kläger hat danach Anspruch auf Rückzahlung der rechtsgrundlos auf den Darlehensvertrag erbrachten Darlehensraten. Hinsichtlich der Rückzahlung der von der Bank ausgezahlten Valuta herrscht jedoch höchstrichterlicher Dissens; während der XI. Zivilsenat im Falle eines Realdarlehens unter Hinweis auf § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG a.F. dem Anleger das Verwendungsrisiko zuweist, ordnet der II. Zivilsenat dieses Risiko der Bank nach § 9 VerbrKrG a.F. zu. Nach Auffassung des erkennenden Senats kommt es auf den Streit über die Anwendbarkeit der gesetzlichen Verbundregeln nicht an, weil bereits die rechtsgeschäftliche Zweckbeziehung der Beteiligten das Darlehensverhältnis mit dem Erwerbsvertrag verknüpft. Leistungsempfänger der Darlehensumme ist die GbR. Die bereicherungsrechtliche Lösung folgt nämlich auch nicht Anweisungsregeln. Vielmehr stellt die Bank das Darlehenskapital nicht zur freien Verfügung ihres Kunden, sondern leistet im Hinblick auf ihre im Vorfeld erteilte Finanzierungszusage auf das (vom Treuhänder überwachte) Treuhandkonto der Fonds-GbR. Rückzahlung der Darlehenssumme kann die Bank daher nur von der GbR verlangen.
Der 17. ZS hat weiter entschieden, dass der Anleger für diese Gesellschaftsschuld auch nicht gem. § 128 HGB analog als Gesellschafter in Anspruch genommen werden kann. Die Beklagte muss sich stattdessen mit der Abtretung des finanzierten Fondsanteils begnügen. Auch dieser Rechtssatz ergibt sich nicht aus § 9 VerbrKrG, sondern bereits aus der rechtsgeschäftlichen Zweckbeziehung der Beteiligten, die das Darlehensverhältnis mit dem Erwerbsvertrag verknüpfen. Danach muss sich die Bank wegen des von ihr im Darlehensverhältnis vorgegebenen Finanzierungszwecks das Darlehensverwendungsrisiko zuschreiben und sich außerdem so behandeln lassen, als habe sie ihrem Kunden die Kapitalanlage selbst verschafft. Ist ihr aber der Kunde zur Herausgabe des GbR-Anteils verpflichtet, kann sie ihn nicht zugleich als Gesellschafter in Anspruch nehmen, ohne gegen § 242 BGB zu verstoßen.

Die Revision wurde zugelassen.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 29.12.2005 - 17 U 43/05 -

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